…die Außenpolitik, gerade zur Ukraine… Sich auf einen Standpunkt zu einigen wäre schonmal ein Anfang, aber nichtmal das kriegt Die Linke hin. Das Absplittern des BSWs wäre dahingehend die Chance für Die Linke gewesen und trotzdem geht das, wo die Partei sich äußert, in die Richtung BSW-Weltsicht. Ich würde mir wünschen, dass sie sich klar zur Ukraineunterstützung bekennt und aufhört, Waffen für die Ukraine abzulehnen. Diplomatie ja, die gibt es ja auch hinter den Kulissen, aber gebt der Ukraine trotzdem alles, was sie braucht, um Russland außer Land zu boxen. Bei anderen Diskussionen dazu hatte ich die Perspektive gehört, dass bei der Außenpolitik tatsächlich ein Parteieintritt die Möglichkeit bringen würde, von innen etwas an dem Standpunkt zur Ukraine zu ändern.
Ich habe keine Ahnung, wie das aussieht und fände Erläuterungen dazu interessant, zusammen mit einer Meinung zu meiner beschriebenen Meinung.
B: Bitte diskutiert wirklich alle mit allen, statt nur einmal ab zusenfen.
Die Vorläufer der modernen Ukraine sind aus der russischen Revolution hervorgegangen. Davor war das noch Zarenreich. Es gab eine Zersplitterung in mehrere Teilrepubliken und Bürgerkrieg, u.a. mit einer Teilrepublik, die sich vom deutschen Kaiserreich und Österreich hat besetzen lassen. Von 1922 bis zu Stalin ging es in der Ukrainische Sowjetrepublik auch weitesgehend ohne Konflikte aufwärts. Unter den Nazis haben die Ukrainer auch massiv gelitten, sodass die sowjetische Rückerorberung kaum pauschal als “mit Gewalt erobert” angesehen werden kann.
Für Weißrussland sieht es ähnlich aus. Für die baltischen Staaten und Polen gingen der Invasion der Nazis auch eine sowjetische Invasion bzw. bei den baltischen Staaten starker Druck/Drohungen voraus. Auch da würde ich die Frage stellen, inwieweit man nach der Befreiung von den Nazis die folgende Besatzung damit gleichsetzen möchte.
In der Hinsicht ist auch der Vergleich zur NATO und der Führung der USA wieder relevant, weil die USA den zweiten Weltkrieg auch als Gelegenheit genutzt hat, um dauerhaft Truppen in Europa zu stationieren. Und wie “freiwillig” das im Fall von Deutschland aussah, kann man auch am 2+4 Vertrag ablesen, wo sich die Westallierten und (noch) Sowjetunion jeweils eingemischt haben. Da wurden zwar die beiden deutschen Staaten mit eingebunden, aber es wird doch sehr deutlich, wer die Machtentscheidungen getroffen hat.
Die NATO steht unter amerikanischer Führung. Das formal die Koalition der Willigen nicht über die NATO lief ist richtig. Die Kreise im Diagramm überschneiden sich da aber schon stark. Dazu kommt, dass sich neben NATO-Staaten wie Polen und den baltischen Staaten auch Georgien und Ukraine an der Koalition der Willigen beteiligt haben. Schaut man sich die Karte an, dann fällt auf, dass die Koaltion quasi ein “who is who” der Nachbarstaaten Russlands mit Konflikten um die Einflussphäre war.
Da wäre auch meine Reaktion als hypotethischer Militärberater, dass ich aus “Angriffskrieg mit USA zusammenführen und in NATO sein, oder Beitrittsbestrebungen verfolgen”, eine militärische Bedrohung ableiten würde.
https://de.wikipedia.org/wiki/Koalition_der_Willigen
Der kalte Krieg hat denke ich genug Stellvertreterkriege beinhaltet, genug Raketen, die man vor der “Haustür” des jeweils anderen positioniert hat, dass da “Plausibel” völlig anders bewertet wird. Und das gilt in die andere Richtung auch wieder. Die NATO hat in Polen ein Raketenschild aufgebaut. Dabei ist es wegen Atomwaffen theoretisch genauso plausibel oder unplausibel, dass Russland in Frankreich einmarschieren wird. Wenn von China keine Bedrohung für die USA/NATO ausgeht, warum sind dann zehntausende US Soldaten in Japan und Südkorea stationiert?
In der Geopolitik ticken die Militärs alle mehr oder weniger gleich, egal wo auf der Welt oder wann in der Menschheitsgeschichte.
Da stimme ich dir zu, dass man dann daraus nicht die Konsequenzen gezogen hatte, bzw. spätestens mit der Krim Invasion dann hätte konsequent werden müssen. Die Konsequenz hätte aus meiner Sicht aber in beide Richtungen bestehen müssen, also Russland und USA.
Und da ist es auch kein Zufall, dass die Vollinvasion kam, als Merkel durch Scholz abgelöst wurde. Scholz hat sich außenpolitisch voll in den Schatten der USA gestellt. Nur dann wieder ohne die Konsequenz zu haben, und die Konfrontation mit Russland dann auch mitzutragen.
Da stimme ich dir zu. Eine “Konservieren” der Ansichten der Linken reicht auch nicht. Es ist aber notwendig, dass man diese Punkte mit diskutiert und neben der notwendigen Konfrontation auch weiter den Kanal für die Frage einer stabilen Sicherheitsstruktur für Europa offen hält.
Langfristig (jaja, utopisch) würde ich mir wünschen, dass wir ein unabhängiges Europa schaffen und ein modernisiertes Russland auf Augenhöhe einbinden können. Das wird nicht mit Putin gehen. Es wird auch nicht mit Trump oder einer USA im Modus der letzten 40 Jahre gehen. Ich hoffe, dass wir es schaffen, ohne ein neues Trümmerfeld vom Atlantik bis zum Ural dahin zu kommen.
Diese Gleichsetzung findet nicht statt! Ob Prager Frühling, Arbeiteraufstand in der DDR, Volksaufstand in Ungarn: die Sowjetunion war gekommen, um zu bleiben und ließ daran keinerlei Zweifel aufkommen. Die Länder wurden gleichgeschaltet und kontrolliert und kamen erst frei, als die Sowjetunion intern bereits so erodiert war, dass sie den Deckel nicht länger draufhalten konnte.
Die Siegermächte natürlich, denn Deutschlands Hälften waren vorher ja nicht wirklich frei in ihren Entscheidungen. Seit den 1990ern sind wir frei und während Polen, Balten, usw so schnell wie möglich unter den Schutz der westlichen Sphäre wollten, machte sich in der DDR der verklärt-romantische Blick in die Vergangenheit breit. Diese ostdeutsche Perspektive ist jedoch eine, die in diesen Staaten weitestgehend unbekannt ist, wenn du mal so Staaten wie Weißrussland oder Teile der Ukraine bis 2014 außen vor lässt. Willst du diesen Ländern das zum Vorwurf machen, nach dem Erlebten?
Eben. Darum ist es nicht richtig, die Taten der “Koalition der Willigen” der NATO in die Schuhe schieben zu wollen. Wirf der NATO lieber die Dinge vor, die sie auch wirklich gemacht hat und kritisiere für die Irakinvasion lieber diese Koalition, auch wenn das nicht so griffig klingt, denn das ist eben die Realität.
Ja, alles Länder, die sich um den Schutz der Amerikaner bemühten und probierten, damit für sich die Werbetrommel zu rühren. Im Falle Georgiens und der Ukraine war all das Werben jedoch umsonst, denn es scheiterte nicht zuletzt am deutschen Widerstand, weil man Russland nicht provozieren wollte. Heute sind das beides Länder mit von Russland getragenen Teilregimen, die die Länder erfolgreich eingefroren und von jeglicher formeller Westbindung wie der NATO ferngehalten haben.
Wie gesagt: Russland sitzt auf einem gewaltigen Berg Nuklearwaffen. Die nimmt keiner ein, schon gar keine gegnerische Atommacht, und das wissen die auch ganz genau. Das ist alles Fassade. Der eigentliche Punkt ist, dass man in ein Land der NATO nicht so einfach einmarschieren kann wie in Georgien oder der Ukraine und das ist das Problem für Putin! Eine NATO-Mitgliedschaft verhindert einzig und allein, dass diese kleinen Länder an Russlands Grenzen von diesem militärisch nach Gutdünken überrollt werden können, denn es ist ein Verteidigungspakt, kein Angriffspakt auf Moskau. Für den, siehe “Koalition der Willigen”, braucht man überhaupt keine NATO, den kann man auch so bilden.
Wie gesagt, Stellvertreterkriege. Die zeichnen sich aber dadurch aus, dass sie über Stellvertreter geführt werden. Weder die Amis noch die Russen hatten währenddessen große Angst, dass dabei der Krieg auch in ihr Land kommen könnte. Schau dir doch die wütende Überraschung der Russen an, als sich die “dreisten Ukrainer” doch tatsächlich gewagt hatten, den Krieg auch über die Grenze nach Russland zu tragen. Für diese Länder ist Kriege führen etwas, das in Gänze jenseits der eigenen Grenzen stattfindet, so sind sie das gewohnt. Das ist aber ein Luxus, den weder Polen, Georgien, die Ukraine, etc kennen.
Die Russen haben in Kaliningrad atomwaffenfähige Mittelstreckenraketen stationiert. Und nun? Das kennen wir aus dem Kalten Krieg und es ist nicht so, dass eine böse NATO ein friedliebendes Russland umzingelt, sondern dass man sich auch nach dem Kalten Krieg durchgehend und gegenseitig (!) als strategische Gegner begreift.
Richtig. Frankreich wird auch nicht wirklich damit rechnen, dass Russland nach Paris marschieren wird und Russland wird das nicht wirklich ernsthaft erwägen, denn dann ist es das gewesen mit der Welt. Aber noch mal: auch unsere Sicherheit ist maßgeblich von diesem Nuklearschirm geprägt, unter dem wir seit den 50ern leben. Darum können wir uns in Deutschland verhältnismäßig sicher fühlen, obwohl wir unsere eigene Verteidigungsfähigkeit derart stiefmütterlich behandeln. Das ist aber eine Sicherheit, die Länder wie die Ukraine oder Georgien nicht haben. Für die geht es ums nackte Überleben.
Weil von China eine Bedrohung für Japan und Südkorea ausgeht und die froh sind um den Schutz, den die Amerikaner ihnen bieten. Schau doch ins südchinesische Meer, um zu sehen, was China eigentlich mit seinen Nachbarn vorhat. Und noch mal: eine Bedrohung für die USA ist etwas anderes als eine Bedrohung für die NATO, können wir bitte beide Begriffe etwas besser trennen?
Richtig. Scholz ist genau die Personifizierung dieser deutschen Denke: Militär ist eklig, das sollen lieber andere machen. Aber Sicherheit gibt es nicht geschenkt. Jetzt sind wir abhängig von diesem orangenen Volldeppen in Washington, während der Psychopath aus Moskau 6 Autostunden von uns Vernichtungskrieg führt. Aber genau deshalb rege ich mich auch so auf über diesen unreflektierten Fundamentalpazifismus, den du bspw. in der Linken finden kannst. Wir stehen gerade eigentlich ziemlich in der Scheiße und diese Partei verweigert sich nach wie vor der Realität, weil es für den Markenkern offenbar wichtiger ist, auf NATO und Amis zu schimpfen, Bundeswehr abzulehnen und “endlich Diplomatie” zu fordern, statt die Augen aufzumachen. Find ich nicht gut.
Das stimmt. Aber gerade brennt die Hütte nun mal, da ist erst mal löschen angesagt, bis man sich wieder mit Themen wie Wandfarbe oder Lampenschirmen befassen kann. Wir müssen gerade so schnell wie möglich raus aus der Abhängigkeit von amerikanischer Verteidigung, ohne jedoch auch nur einen Hauch unserer Abschreckung einzubüßen. Wir müssen selber die Verantwortung für das Geschehen in unserer Nachbarschaft übernehmen und Dinge wie die Ukraine eigentlich selber klären können. Putin hingegen spekuliert ja nun darauf, dass sich einerseits das westliche Bündnis durch Trump auflöst, wir dann aber mit runtergelassener Hose dastehen und er freie Bahn hat. Dazu gehört eben auch das klare Bekenntnis, dass wir die Bundeswehr nicht nur brauchen, sondern massiv in ihren Fähigkeiten ausbauen müssen. Kann das die Linke und wenn nein, warum eigentlich nicht?
Da bin ich ganz bei dir. Wollen wir hoffen, dass wir die notwendigen Köpfe und Ideen finden, dort hinzukommen.