Die Sozialdemokratie in Europa steht am Scheideweg. Das behaupten zwei britische Professoren. Als warnendes Beispiel haben sie den deutschen Kanzler ausgemacht.

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Dass hinter dem Regierungsstil des Sozialdemokraten Scholz nicht etwa politisches Kalkül, sondern ein Mangel an Richtlinienkompetenz stecken könnte, diese These stellen nun zwei britische Autoren auf. In einem Aufsatz für den britischen “Guardian” machen sich Tarik Abou-Chadi und Tom O’Grady Gedanken über die Zukunft der Sozialdemokratie im Allgemeinen und im Besonderen in Deutschland und England.

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Scholz zeichnen sie als von “Natur aus vorsichtigen Technokraten”, der sich plötzlich in einem Land wiedergefunden habe, das vom Weg abgekommen ist. Als einen Politiker, der seine politischen Ziele über Bord wirft, nur um die schwarze Null zu gewährleisten, also den ausgeglichenen Staatshaushalt. “Mehr als zwei Jahre nach seinem Amtsantritt wirkt die Regierung ohne Orientierung, ohne jegliche Vision für die Zukunft”, so die Autoren. In diese Lücke stoße nun immer stärker die politische Rechte. Die Sozialdemokratie hingegen renne “schnurstracks in die Niederlage”.

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Um diese Entwicklung aufzuhalten, brauche es starke politische Programme und durchsetzungsfähige Akteure. All das sehen er und O’Grady jedoch weder bei Scholz noch bei seinem britischen Widerpart Keir Starmer. Auch der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück attestierte Scholz zuletzt einen gewissen “Mangel an Führung und Orientierung”.

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Weder Starmer und seine Labour-Partei, noch Scholz und die SPD hätten die passenden Rezepte für die Herausforderungen der Gegenwart: “Mit dem Unterschied, dass Starmer noch Zeit hat, das Ruder herumzureißen.”

  • @ladicius
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    338 months ago

    Diese Hinweise gab es schon vor über 20 Jahren, als Schröder und Blair die Sozialdemokratie mit einer Zielstrebigkeit vor die Wand fuhren, als seien sie U-Boote der neoliberalen Gesellschaftszerstörung. Scholz ist da nur die logische Fortsetzung, wieder als Wahlhelferchen der Antidemokraten auf der rechten Seite.

    Und was ich noch sehe: Linke können quasi naturgemäß, weil Diskussion und ständiges Infragestellen immanenter Teil der Kultur sind, keine Führung, wie sie von der verunsicherten Bevölkerung ersehnt/erwartet wird. Also wählt das Volk dann wieder rechten, dummen Populismus, und die Scheiße wird noch schlimmer.

    Übrigens bitte nicht denken, dass ich Scholz für links halte, das ist er aus meiner Sicht nicht. Ich beschreibe das linke Dilemma aus einer größeren Perspektive.

    • @Shialac
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      Deutsch
      1
      edit-2
      8 months ago

      Die “Hinweise” gab es schon vor 100 Jahren als die Sozialdemokraten sich lieber mit Kaisertreuen und Protofaschisten zusammengetan haben um für ein kleines bisschen Macht den Sozialismus unter den Karren zu schmeissen