Ein NATO-Austritt der USA droht bei einer Wiederwahl Trumps wohl nicht, so die Erwartung von Transatlantik-Koordinator Link. Doch hinter ihm stehe eine breite intellektuelle Basis, die seine “America First”-Politik vorantreiben würde.

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Der Mainstream der Republikaner will schon Stabilität. Aber man muss auch sehen, dass dieser Mainstream zurzeit politisch nicht sehr durchsetzungsfähig ist. Denn wann immer dieser Mainstream versucht, einen Deal zu machen, so wie jetzt beim Thema Immigration im US-Kongress, wird er von Trump auseinandergescheucht, wie ein Wolf eine Schafherde auseinanderscheucht.

Das ist leider eine Bestandsanalyse, die sehr nachdenklich macht. Deshalb muss man versuchen, mit so vielen Republikanern wie möglich zu sprechen, auch immer wieder gemeinsame Interessenslagen finden - beim Militär, bei der NATO, beim Thema Sicherheit, bei Handelsfragen, Investitionen, Arbeitsplätzen und diesen Dingen.

Dass wir jetzt das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreicht haben, ist zunächst einmal für uns selbst richtig. Es ist aber auch in den Gesprächen mit den Republikanern wichtig. Eine Gewähr dafür, dass die sich hinterher gegen Trump durchsetzen, ist das freilich nicht.

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Wenn man mit Republikanern auf der Gouverneursebene oder auch auf der Senatorenebene und vor allem auch auf der Ebene der Abgeordneten in den Parlamenten der Bundesstaaten spricht, dann hört man heraus, dass zumindest hinter vorgehaltener Hand sehr wohl an die Zeit nach Trump gedacht wird. Nur enden solche Gespräche üblicherweise mit “Bitte zitieren Sie mich nicht”.

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Wir sind in der komplexen Situation, dass, solange Trump kandidiert, Biden kandidiert. So lange Biden kandidiert, kandidiert Trump. Wie in einer griechischen Tragödie sind ihre Schicksalsfäden merkwürdig miteinander verknüpft. Das blockiert die Erneuerungsfähigkeit auf beiden Seiten.

Man muss die Lehre daraus ziehen, dass Demokratie immer an ihrer eigenen Erneuerungsfähigkeit arbeiten muss. Da haben die USA zwar viele Möglichkeiten, das haben sie in der Vergangenheit oft gezeigt. Aber zumindest momentan hat es erstmal in eine Art Sackgasse geführt, bei der die große Mehrheit der Bevölkerung sagt, wir hätten gerne jemand Jüngeren und trotzdem tritt kein Jüngerer an.

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Die Wahlrechtsverschärfungen durch die Reduzierung der vorzeitigen Stimmabgabe zum Beispiel in Texas sind schon sehr ernst zu nehmende Einschränkungen. Denn formal wird das Wahlrecht zwar nicht eingeschränkt. Aber dadurch, dass die Wahl an einem Arbeitstag ist und Texas jetzt massiv die Möglichkeiten zur Abstimmung am Sonntag oder überhaupt die Möglichkeit der vorzeitigen Stimmabgabe reduziert hat, macht es Arbeitnehmern aus einkommensschwächeren Bereichen, die ja in der Regel keinen Urlaub für das Wählen bekommen, sehr viel schwerer abzustimmen.

Das ist ein Schritt, den man kritisieren muss, denn die Wahrnehmung von Grundrechten sollte immer einfach sein. Das ist etwas, was man sehr genau beobachten muss. Wie üblich will die OSZE wieder Wahlbeobachter zu den US-Wahlen schicken und das halte ich auch für extrem wichtig.

  • @[email protected]OP
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    88 months ago

    Wenn man mit Republikanern auf der Gouverneursebene oder auch auf der Senatorenebene und vor allem auch auf der Ebene der Abgeordneten in den Parlamenten der Bundesstaaten spricht, dann hört man heraus, dass zumindest hinter vorgehaltener Hand sehr wohl an die Zeit nach Trump gedacht wird. Nur enden solche Gespräche üblicherweise mit “Bitte zitieren Sie mich nicht”.

    tl;dr: “Ich finde das ja auch ganz schrecklich aber Anstand würde mich bei den Trumpisten unbeliebt machen. Dann halte ich doch lieber die Schnauze und mache einfach mit. Für mein Pöstchen am Trog mache ich alles!”

    • @takeheart
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      38 months ago

      Ist schon widerwärtig wie Repuplikaner, die sich vormals deutlich gegen Trump ausgesprochen haben ihm jetzt nach dem Mund reden sobald es um den Erhalt der eigenen Macht gilt.

      Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, da Trump zunächst nominiert wurde und das vom Establishment höflich belächelt wurde.

      Aber nicht alle sind so. Bei der Kongress Kommission zur Aufklärung des Umsturzversuchs am 6. Januar gab es ja auch Repuplikaner, die entgegen der eigenen Parteirichtlinie mitgewirkt haben. Gerade jetzt wo es um den Erhalt der Demokratie geht, kann man nur hoffen, dass noch mehr dazu den Mut. haben.

      • @[email protected]OP
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        8 months ago

        Bei der Kongress Kommission zur Aufklärung des Umsturzversuchs am 6. Januar gab es ja auch Repuplikaner, die entgegen der eigenen Parteirichtlinie mitgewirkt haben.

        Ja, und die beiden sind raus. Adam Kinzinger hat aufgegeben und Liz Cheney wurde von der Parteibasis abgesägt.

        Gerade jetzt wo es um den Erhalt der Demokratie geht, kann man nur hoffen, dass noch mehr dazu den Mut. haben.

        Dein Wunsch in Gottes Ohr. Allerdings fehlt mit so ein bisschen der nötige Glaube. Die ganze Partei ist fertig bis ins Mark. Das neueste, was ich mitbekommen habe: In Missouri wollen sie ja die Abtreibung auch bei Vergewaltigung und Inzest kriminalisieren. Das muss man sich einfach nur mal vorstellen. Da wird die 13jährige vom Onkel vergewaltigt und muss dann auch noch das Kind austragen. Krank! Und wie wird das verargumentiert?

        “God doesn’t make mistakes”

        Missouri Rejects Rape Exceptions, Senator Says Forced Birth Can Be ‘the Greatest Healing Agent’

        Das muss als Argument reichen. Und die werden nicht geteert und gefedert aus der Stadt gejagt, wie sich das eigentlich gehören würde.

        P.S.:

        Nicht so Fun Fact aus dem Artikel:

        Missouri legislators’ rejection of a rape exception comes after, last month, new research estimates that in states that have banned abortion since the Supreme Court overturned Roe in June 2022, there have been an estimated 64,565 rape-induced pregnancies. Of these 64,565 pregnancies, 91% were in states with bans that lacked rape exceptions.

        • @takeheart
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          18 months ago

          In der MAGA Basis gibt es nicht wenige, die einen christlich-faschistischen Staat offen herbeisehnen und dafür im Hintergrund die Strippen ziehen. Die große Masse in der Basis ist leider so sehr verblendet und auch generell auf diesem Feld zu ungebildet als dass man sie durch rationale Aufklärung noch erreichen könnte. Wie Trump es selbst sagt: er könnte auf offener Straße jemanden erschießen und sie würden ihn trotzdem lieben. Man spricht zurecht von einem Kult.

          Habe gelesen im Zweifelsfall würde das Militär nicht zu Trump stehen. Aber es muss ja nicht unbedingt ein erneuter Coup/Umsturz sein, eine jahrzehntelange Erosion der Demokratie führt genau so in die Autokratie.

          • @[email protected]OP
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            8 months ago

            Habe gelesen im Zweifelsfall würde das Militär nicht zu Trump stehen.

            ich hoffe du hast recht. In 2021 haben allerdings Ex-Generäle vor der Möglichkeit gewarnt, dass evtl. Teile des Militärs in dieser Beziehung unzuverlässig sein könnten.

            The real question is does everybody understand who the duly elected president is? If that is not a clear-cut understanding, that can infect the rank and file or at any level in the U.S. military.

            And we saw it when 124 retired generals and admirals signed a letter contesting the 2020 election. We’re concerned about that. And we’re interested in seeing mitigating measures applied to make sure that our military is better prepared for a contested election, should that happen in 2024.

            Retired general warns the U.S. military could back a coup after the 2024 election

            Und es ist wohl auch nicht so einfach für einen US-Militär sich einem Befehl zu widersetzen.

            “There are an array of horrors that could result from Donald Trump’s unrestricted use of the Insurrection Act,” Blumenthal said in an interview. “A malignantly motivated president could use it in a vast variety of dictatorial ways unless at some point the military itself resisted what they deemed to be an unlawful order. But that places a very heavy burden on the military.

            Fears grow that Trump will use the military in ‘dictatorial ways’ if he returns to the White House

            Aber es muss ja nicht unbedingt ein erneuter Coup/Umsturz sein, eine jahrzehntelange Erosion der Demokratie führt genau so in die Autokratie.

            Absolut! Ein nicht kleiner Teil der GOP Wähler akzeptieren ja schon jetzt Biden nicht als legitim gewählten Präsidenten. Das ist schon verstörend.

            • @takeheart
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              28 months ago

              Absolut! Ein nicht kleiner Teil der GOP Wähler akzeptieren ja schon jetzt Biden nicht als legitim gewählten Präsidenten. Das ist schon verstörend.

              Absolut verstörend. Trump hat übrigens auf Truth Social diesmal schon im Vorfeld angekündigt, dass die Demokraten großangelegten Wahlbetrug begehen. Beim letzten Mal war es ja erst danach als die Hochrechnungen eintriefen (wenn ich mich recht entsinne).

              Ich denke Trump hat realisiert, dass es ihn wegen den ganzen Klagen jetzt ernsthaft an den Kragen geht und sieht die von ihm vorgeschlagenene Strafverfolgungsimmunität des Präsidentenamtes als vielleicht letzten Ausweg. Und deswegen macht er jetzt schon mal Stimmung. Unterstützung scheint er zu haben. Habe vorhin ein Fox Interview gesehen, bei dem die Moderatorin ihn am Schluss mit “Mr President” angesprochen hat 🙄, ein halbes Jahr vor der eigentlichen Wahl. Und es bedient natürlich das Narrativ, dass er auch eigentlich jetzt noch der rechtmäßige Präsident ist und die Wahl gar nicht verloren hat.

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    58 months ago

    breite intellektuelle Basis

    Wirklich? Intellektuelle? Oder vielleicht einfach nur “übermäßig reiche Basis”?